Lücken im Hilfesystem müssen geschlossen werden
Wiebke Knell, Landtagsabgeordnete aus Neukirchen und Vorsitzende der FDP-Landtags- und Kreistagsfraktion, hat die Beratungsstelle der AWO in Homberg besucht. Anlass war der Bericht über die Situation und Herausforderungen des Frauenhauses in Homberg, dem einzigen Frauenhaus im Schwalm-Eder-Kreis. Knell, die auch frauenpolitische Sprecherin der FDP ist, hat sich mit Heidemarie Lange, Leiterin des AWO Frauenhauses und Ute Talic, Vorsitzende des AWO-Kreisverbandes Schwalm-Eder getroffen, um über die Versorgungslage von Frauen zu sprechen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind.
„Es fehlen uns im Kreis vor allem barrierefreie Plätze für Frauen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Glücklicherweise ist immerhin die Beratungsstelle schon immer barrierefrei. Auch Plätze für Frauen mit älteren Söhnen zu finden, ist problematisch. Wir haben eine separate Wohnung für Frauen mit älteren Söhnen. Doch übers Jahr mehr Anfragen, die wir ablehnen müssen“, erläuterte Lange.
Derzeit vermittelt man diese Frauen an Einrichtungen außerhalb des Kreises weiter. Insgesamt fehlen in Hessen mehrere hundert Plätze für schutzsuchende Frauen. Wenn Frauen ihre Kinder mitbringen, gibt es oftmals zusätzliche Herausforderungen. Neben einem Mangel an Kindergartenplätzen benennt Einrichtungsleiterin Lange hier besonders kritisch die aktuell geltende Rechtslage beim Umgangsrecht. Gewaltschutz sollte Vorrang gegenüber des Umgangsrechts haben, lautet ihre Forderung. „Aktuell müssen Frauen mit gewaltausübenden Vätern hinsichtlich des Umgangsrechts eng kooperieren, um drohende Sanktionen durch das Jugendamt oder das Familiengericht zu vermeiden. Auch für die Kinder selbst ist die Situation eine hohe Belastung“, erklärte Lange.
„Um den Vorgaben der Istanbul-Konvention Rechnung zu tragen und schnelle, effektive Hilfe für Frauen zu gewährleisten, braucht es dringend einen bedarfsgerechten Ausbau an Frauenhausplätzen. Die Landesregierung muss dafür mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit die Rahmenbedingungen verbessert werden können“, sagte Knell. Hessen hat bundesweit eine besonders hohe Auslastung in den Frauenhäusern, was für gewaltbetroffene Frauen gravierende Auswirkungen haben kann. „Diese Lücken im Hilfesystem muss man schließen. Frauen zu verpflichten gemeinsam mit dem Vater das Sorgerecht auszuüben und dem Vater unabhängig von der Ausgangssituation das Umgangsrecht zu gewähren, gehört außerdem unbedingt auf den Prüfstand“, betonte Knell. Die im Koalitionsvertrag verankerte Reform im Familienrecht könnte möglicherweise in Kürze eine Wende zu diesem Thema bringen. Diese sieht vor, wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist dies in einem Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen. Im Januar hat das Bundesministerium für Justiz ein entsprechendes Eckpunktepapier vorgelegt. Die Gesetzesänderung würde ermöglichen, dass Kinder und gewaltbetroffene Elternteile künftig beim Sorge- und Umgangsrechts besser vor Gewalt geschützt werden.